Erhebliche Lawinengefahr in den Alpen

Schneebrett-, Lockerschnee- und Gleitschneelawinen: Viele haben davon schon einmal gehört, alle sind gefährlich - nur was sind die Unterschiede?
Um die Entstehung von Lawinen zu verstehen, muss man zunächst einmal wissen, dass sich eine Schneedecke aus den verschiedenen Schneeschichten der einzelnen Niederschlagsereignisse zusammensetzt.

Sind diese einzelnen Schneeschichten fest miteinander verbunden, ist die Lawinengefahr gering. Hat sich die Schneeoberfläche jedoch ungünstig verändert (z.B. durch Oberflächenreif oder Graupelschichten) oder konnte sich während eines starken Schneefalls der Schnee nicht genügend verfestigen und sich mit der darunter liegenden Schneeschicht verbinden, so kann es zu einem Bruch innerhalb der Schneedecke kommen. Dadurch steigt die Lawinengefahr.

Für Wintersportler besonders gefährlich sind Schneebrettlawinen, die über 90% der Lawinenopfer fordern. Sie entstehen, wenn eine gebundene Schneeschicht (das "Schneebrett") auf einer schwachen Schneeschicht (zwischen den Eiskristallen bestehen nur wenige und schwache Verbindungen) liegt. Gibt es nun eine Überbelastung der Schwachschicht (z.B. durch Schneefall oder auch durch einen Wintersportler), brechen zunächst nur einzelne Verbindungen zwischen den Eiskristallen, dann aber immer mehr. Der Bruch breitet sich rasant innerhalb der Schwachschicht aus, parallel zum Hang - ähnlich einem Kartenhaus, das von einer Stelle beginnend in sich zusammenstürzt. Ist der Hang steiler als ca. 30°, so rutscht das Schneebrett immer schneller auf der gebrochenen Schwachschicht hangabwärts. Die typische durch Wintersportler ausgelöste Schneebrettlawine ist 50 Meter breit und 150-200 Meter lang. Wer ein solches Schneebrett auslöst, wird von der Lawine häufig erfasst.

Schneebrettlawinen können im trockenen oder nassen Schnee abgehen, auch lange nach einem Schneefall. Typisch für die Bildung einer Schneebrettlawine ist Triebschnee (vom Wind verlagerter Schnee), sodass der altbekannte Spruch "Der Wind ist der Baumeister der Lawinen" nach wie vor als bare Münze genommen werden kann.

Lockerschneelawinen sind oft ungefährlicher. Sie breiten sich von einem Punkt kegelförmig nach unten aus. Lockerschneelawinen gehen oft während oder kurz nach einem Schneefall oder bei plötzlicher starker Erwärmung ab. Bei trockenem (Pulver)Schnee ist im Auslösepunkt in der Regel eine Neigung von 40° erforderlich. Dabei lösen sich Lockerschneelawinen spontan. Ist jedoch ein Wintersportler der Auslöser, so wird er normalerweise nicht verschüttet, weil die Lawine unter ihm abgeht und die Schneemassen nicht so mächtig sind. Insgesamt fordert diese Lawinenart weniger als 10% der Lawinenopfer.

Gleitschneelawinen haben ähnlich wie Schneebrettlawinen einen breiten, linienförmigen Anriss. Allerdings rutscht bei ihnen die gesamte Schneedecke ab, was nur auf glattem Untergrund (z.B. Gras- oder Felshang) möglich ist. Sie entstehen meist spontan, wenn z.B. der warme Boden die unterste Schneeschicht anfeuchtet und damit die Haftreibung abnimmt.

Derzeit besteht in weiten Teilen der Alpen eine erhebliche bis große Lawinengefahr (Stufe 3, in den Schweizer Alpen teils sogar Stufe 4 von 5). In höheren Lagen (über ca. 1600 m) geht diese vor allem durch Triebschnee aus, in tiefen und mittleren Lagen durch Gleitschnee. Erst vor 2 Tagen ging im österreichischen Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis eine Lawine ab, die ein Todesopfer forderte. Insbesondere bei Skitouren oder anderen Aktivitäten abseits der Piste sei deshalb noch einmal auf die Wichtigkeit hingewiesen, sich auf den entsprechenden Internetseiten im Vorfeld über die aktuelle Lawinengefahrensituation zu informieren:

https://www.lawinenwarndienst-bayern.de/ (Bayerische Alpen) http://www.lawinen.at/ (Österreichische Alpen)
https://www.slf.ch/ (Schweizer Alpen)

Über eine weitere gefährliche Lawinenart - die Staublawine - und die wichtigsten Präventionsmaßnahmen um sich vor einer Lawine zu schützen, können Sie am kommenden Montag an dieser Stelle lesen.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2017

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