Schnellläufer XAVIER bringt Sturm und Regen

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Schwere Zeiten für Sonne- und Wärmeliebhaber: In den nächsten Tagen erwartet Deutschland Herbstwetter par excellence ? und damit ist nicht die freundliche, sondern vielmehr die "garstige" Seite des Herbstes gemeint. Nun gut, dem Süden soll heute nochmal ein heiterer und milder Tag gegönnt sein, doch schon ab dem morgigen Donnerstag läuft das unbeständige Herbstwetter dann auch dort zur Hochform auf. Ein kleines, aber intensives Sturmtief ist auf dem Weg nach Mitteleuropa und bringt dabei nicht nur Sturm, sondern auch einiges an Regen.

Das geübte Meteorologenauge sieht es sofort: Die Großwetterlage ist zurzeit schon auf Sturm gebürstet, auch wenn das für Donnerstag relevante Sturmtief mit dem Namen XAVIER am Mittwochmorgen noch als fast unscheinbares Tief über dem nahen Nordatlantik auf den Bodenwetterkarten zu finden ist. Die "Musik" spielt vielmehr in größerer Höhe. Denn zwischen einem hochreichenden und mit viel Kaltluft angefüllten Tiefdruckkomplex über Nordeuropa und einem "warmen" Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt zwischen den Azoren und der Iberischen Halbinsel konnte sich ein Starkwindband in ca. 8 bis 10 km Höhe, der sog. Jetstream, als Folge der sehr großen Temperaturgegensätze zwischen Süden und Norden besonders gut entwickeln. Die Windgeschwindigkeiten erreichen dort knapp 300 km/h. Dieser "Jetstreak" ist vom Nordatlantik genau auf Mitteleuropa gerichtet und fungiert in gewisser Hinsicht als
Hochgeschwindigkeitsautobahn für "unser" Sturmtief.

XAVIER konnte sich in der vergangenen Nacht als "Frontalwelle", also als kleinräumiges und relativ flaches Luftdruckminimum an einer wellenförmig deformierten Bodenfront etwa 1500 km südwestlich von Island entwickeln. Fast unscheinbar kommt es zurzeit noch daher, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. XAVIER liegt so günstig unter dem Jetstreak, dass er von diesem "aufgefangen" und im "Eilzugtempo" unter Intensivierung als "Schnellläufer" Richtung Europa gesteuert wird.

XAVIER wird somit von den Britischen Inseln und der südlichen Nordsee her kommend am Donnerstagvormittag schließlich den Nordwesten Deutschlands erreichen und bis zum späten Nachmittag über das Norddeutsche Tiefland nach Polen abziehen. Unter gebührender Berücksichtigung der noch gegebenen und für Schnellläufer typischen Prognoseunsicherheiten scheint dies die wahrscheinlichste Variante.

Was bedeutet diese Entwicklung nun konkret für unser Wetter? Schon im Vorfeld von Sturmtief XAVIER breitet sich in der Nacht zum Donnerstag über der Nordhälfte kräftiger Regen aus, der ab Donnerstagmittag von Westen her nachlässt und schließlich in Schauer und einzelne Gewitter übergeht. Besonders lang anhaltend und ergiebig fällt der Regen in einem Streifen vom Nordseeumfeld über Schleswig-Holstein bis nach Mecklenburg-Vorpommern aus. Dort treten verbreitet 30 bis 50 l/qm auf, lokal sogar noch mehr. Im Süden ist es zunächst noch trocken und teilweise sogar sonnig, dorthin gelangen die Niederschläge erst am Donnerstagnachmittag. Besonders an den Alpen kann es in der Folge bis in den Freitag hinein länger anhaltend regnen, wobei noch dazu die Schneefallgrenze sukzessive auf rund 1200 m absinkt.

Weitaus markanter fällt aber die Windentwicklung aus. Insbesondere in einem breiten Streifen von Niedersachsen und dem nördlichen NRW bis nach Brandenburg und Sachsen treten zeitweise schwere Sturmböen auf (siehe Abbildung unter
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/10/4.html). Auch sonst muss verbreitet mit stürmischen Böen, teils auch Sturmböen bis ins Tiefland gerechnet werden. Bei Schauern und Gewittern, die vereinzelt an der zugehörigen Kaltfront eine Rolle spielen, im Tagesverlauf dann aber auch von Nordwesten her bis in die Mitte hinein ausgreifen, sind allgemein schwere Sturmböen, ganz lokal auch orkanartige Böen zu erwarten. Auf exponierten Berggipfeln weht der Wind in Böen in voller Orkanstärke. Die nackten Zahlen sprechen zwar nicht für eine überregionale Unwetterlage, die Bäume sind aber meist noch belaubt, sodass regional größere Sturmschäden mit entsprechenden Auswirkungen auf den Straßen- und Bahnverkehr zu befürchten sind.

Keine Frage: Uns steht eine durchaus ausgeprägte, wenn auch für die Jahreszeit nicht ungewöhnliche Sturmlage ins Haus. Es liegt in der Natur der Sache, dass es nicht überall und jederzeit stürmen wird. Gerade solche Schnellläufer sind durch ein sehr kleinräumiges, aber intensives Sturmfeld charakterisiert. Lassen Sie sich daher nicht von einer möglicherweise trügerischen Ruhe täuschen. Verfolgen Sie stets die Wetter- und Warnlage, z. B. über www.dwd.de oder über die WarnWetter-App - so sind Sie für alle Eventualitäten gewappnet.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.10.2017

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