Zeit der Ernte

In den Themen des Tages von 08. und 10. März wurde die Frühlingsentwicklung eines Bienenvolks beschrieben. Seit Anfang März hat sich in den Bienenstöcken nun einiges getan. Von Tag zu Tag schlüpften seitdem mehr junge Bienen, als alte starben. Dies führte zu einem starken Anstieg der Bienenpopulation. Im Gegensatz zu den
5.000 bis 15.000 Anfang März tummeln sich nun 50.000 bis 70.000 Bienen in jedem einzelnen, normal entwickelten Volk. Zur Sommersonnenwende am 21. Juni erreicht das Bienenvolk regelmäßig seine größte Ausdehnung, bevor nun wieder die Sterbe- die Geburtenrate übertrifft.


Allerdings gab es in den letzten Monaten auch wetterbedingte Rückschläge in der Volkentwicklung. Besonders die massiven Kaltluftvorstöße im April mit anschließenden Frostnächten führten dazu, dass die Bruttätigkeit in einigen Regionen vorübergehend eingeschränkt wurde. In den höheren Lagen gab es sogar Schnee, sodass natürlich auch kein Flugwetter gegeben war. In den schon eher bienenfreundlicheren Monaten Mai und Juni wurden diese Rückstände aber meist wieder aufgeholt.


Die Arbeitsaufteilung in den Völkern ist streng geregelt. Nach dem Schlüpfen kümmert sich eine Jungbiene zunächst als sogenannte "Stockbiene" um die Versorgung und die Aufzucht des Nachwuchses. Nach dieser Zeit ist sie für die Sauberkeit im Bienenstock zuständig und bewacht später den Eingang des selbigen. Nach etwa drei Wochen verlagert sich ihre Tätigkeit als "Flugbiene" ins Freie. Auf unterschiedlich langen Flügen (je nach Blütenangebot) sammelt sie nun Nektar, Pollen oder Wasser und stirbt schlussendlich nach einer Gesamtlebenszeit von 6 bis 8 Wochen an Erschöpfung und körperlichem Verschleiß. Das Sammeln des Nektars stellt daher ihren letzten Lebensabschnitt dar.


Zurück im Stock übergibt die Flugbiene ihren gesammelten Nektar den jüngeren Stockbienen. Sie lagern den Nektar in die Waben ein und verarbeiten diesen zu Honig. Der wichtigste Vorgang ist dabei die Reduzierung des Wassergehalts. Hochwertiger, sehr lange haltbarer Honig weist einen Wassergehalt von maximal 17 % auf. Um eine solche Reduzierung bewerkstelligen zu können, greifen die Bienen auf physikalische Gesetzmäßigkeiten zurück. Die warme und feuchte Stockluft tauschen sie in den Nächten mittels Ventilation mit kühlerer Außenluft aus. Diese Frischluft weist aber naturgemäß eine geringere absolute Feuchtigkeit auf. Da die absolute Feuchtigkeit bei einer Erwärmung im Bienenstock beibehalten wird, sinkt dementsprechend die relative Luftfeuchtigkeit in der Stockluft. Damit kann dem Nektar das nicht erwünschte Wasser effektiv entzogen werden. Ist der Honig fertig verarbeitet, verschließen die Bienen die Wabenzellen mit einem luftundurchlässigen Wachsdeckel. Ab diesem Zeitpunkt ist der Honig für den Imker erntereif.


Der beste Zeitraum zur Honigernte sind jene Tage, an denen es trocken ist aber an den Vortagen kein perfektes Flugwetter herrschte. Damit sollte gewährleistet sein, dass ein Großteil des Honigs von den Bienen bereits verarbeitet wurde und nur geringe Mengen frischen Nektars in die Honigschleuder gelangen. Der heutige Dienstag und der morgige Mittwoch sind dafür vor allem in der Südhälfte perfekt. Es wird dort trocken bleiben und die Temperatur steigt wieder auf ein sommerliches Niveau, bevor ab Donnerstag das Gewitterrisiko steigt. Der Norden ist in dieser Hinsicht etwas benachteiligt. Zeitweise fällt dort leichter Regen und die Temperatur knackt die 25 Grad-Marke nicht. Allerdings darf am Donnerstag auch dort mit viel Sonnenschein gerechnet werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.07.2017

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