Sturm im Weltall und seine magischen Momente auf der Erde

Ein magnetischer Sturm ist ein Strom ionisierter Teilchen. Trifft ein solcher auf die Erde, wird er geomagnetischer Sturm genannt. In einem solchen Szenario wird die Magnetosphäre, die die Erde umgibt, stark gestört. Die Magnetosphäre bezeichnet den ?Wirksamkeitsbereich? des Magnetfelds der Erde. Sie wird zum Weltraum durch die Magnetopause abgegrenzt. Bei einem geomagnetischen Sturm trifft der Sonnenwind auf das Magnetfeld und die Magnetosphäre wird auf der sonnenzugewandten Seite (Tag-Seite) zusammengedrückt, wohingegen sich auf der Nacht-Seite der Schweif verlängert (siehe Grafik).

Die stärksten Stürme ereignen sich bei einer Sonneneruption. Dabei werden unzählige Tonnen des solaren Plasmas ausgestoßen, welches aus Elektronen, Protonen und zu kleinen Anteilen aus Kernen chemischer Elemente wie Helium, Sauerstoff und Eisen besteht. Die Austrittsquellen sind meist Sonnenflecken und die Häufigkeit von Eruptionen ist eng an die Sonnenaktivität gekoppelt. Im Sonnenfleckenminimum sind sie deutlich seltener als im Sonnenfleckenmaximum. Typischerweise dauert es mehrere Tage, bis ein Masseauswurf die Erde erreicht. Sehr starke Stürme haben es jedoch bereits in 18 bis 24 Stunden geschafft.

Mit dieser Erkenntnis lässt sich auch ein magisches Ereignis auf der Erde recht gut prognostizieren bzw. zeitlich eingrenzen: Polarlichter. In hiesigen Breiten werden sie Aurora Borealis (Nordlichter) genannt. Auf der Südhalbkugel heißen sie Aurora Australis (Südlichter), denn Polarlichter können gleichermaßen auf der Nord- wie auf der Südhalbkugel betrachtet werden.

Wie entstehen solche Polarlichter? Die oben erwähnten von der Sonne ausgestoßenen Elektronen und Protonen werden vom Erdmagnetfeld eingefangen, auf der sonnenabgewandten Seite zur Erde hin beschleunigt und dadurch energetisch angeregt. Auf dem Weg zu den Polregionen kollidieren sie in der oberen Erdatmosphäre mit Sauerstoff- und Stickstoffatomen sowie weiteren Molekülen der Erdatmosphäre. Es wird Energie in Form von Licht frei. So erzeugen beispielsweise Sauerstoffmoleküle in 200 km Höhe rotes und in 100 km Höhe grünes Licht. Stickstoff leuchtet hingegen blau oder violett.

Die Elektronen werden so vom Magnetfeld gelenkt, dass zwei Aurora-Ovale entstehen, die um die magnetischen Pole zentriert sind (siehe Grafik). Bei starken geomagnetischen Stürmen dehnen sich die Ovale äquatorwärts aus, sodass beispielsweise hier in Europa Nordlichter bis nach Deutschland sichtbar sind. Am besten lassen sich Polarlichter unter klarem Nachthimmel in Breitenkreisen von 60 bis 75 Grad beobachten. Dort kann die Aurora mehr als die Hälfte der Nächte eines Jahres gesehen werden. Allerdings muss der Himmel dunkel sein. Das heißt, wenn im hohen Norden/Süden die Mitternachtssonne am Himmel steht, lassen sich auch dort keine Polarlichter erhaschen.

Für Bewohner der skandinavischen Länder, Russlands, Alaskas oder Kanadas werden Nordlichter wahrscheinlich nicht ganz so überwältigend sein wie für uns Mitteleuropäer. Sie sind dort schlichtweg fast alltäglich. Für einen Mitteleuropäer ist es jedoch faszinierend, wenn es gelingt, Polarlichter mit der Kamera auf ewig festzuhalten und mit nach Deutschland zu bringen. Dafür müssen allerdings die genannten Randbedingungen für das Auftreten und Beobachten einer intensiven Aurora gegeben sein.

Was Sie für ein gutes Foto benötigen sind: ein Stativ, eine verhältnismäßig gute Kamera (am besten Spiegelreflex) mit Fernauslöser oder Intervallaufnahmemöglichkeit, dicke Kleidung (denn es ist kalt im hohen Norden bei klarem Himmel im Winter), eine Thermoskanne mit einem heißen Getränk und viel Geduld. Verfolgen Sie schon vorher die Wettervorhersagen. Betrachten Sie auf den Webseiten der lokalen Wetterdienste (bspw. auf www.yr.no des norwegischen Wetterdienstes) die aktuellen Satellitenbilder oder lassen Sie sich von uns Vorhersagemeteorologen des Deutschen Wetterdienstes hinsichtlich der besten Beobachtungsorte beraten.

Bereiten Sie Ihre Kamera vor! Fokussieren Sie auf ?unendlich?, wobei sich der Mond oder ein heller Planet als Fokuspunkt eignen. (Die Vollmondphase sollten Sie bei Ihrer Reisevorbereitung aber ausschließen, denn der Mond überstrahlt sonst den gesamten Himmel.) Stellen Sie einen hohen ISO-Wert ein: 800 bis 1600 sollte reichen. Öffnen Sie die Blende, um so viel Licht wie möglich herein zu lassen. Die Belichtungszeit kann stark schwanken, je nachdem wie hell das Polarlicht ist. Bewährt haben sich Zeiten zwischen 5 und 15 Sekunden. Dann bleiben auch die Sterne punktförmig und verziehen sich nicht zu Strichen. Nutzen Sie einen Fernauslöser, um Verwackeln beim Drücken des Auslöseknopfes zu vermeiden.

Bei einer geringen Elektronendichte sind mit bloßem Auge graue Bänder am Nachthimmel zu sehen, die leicht mit Wolken verwechselt werden können. Auf dem Foto erscheinen sie letztendlich doch farbig (meist grün). Bei einem intensiven Polarlicht mit einer hohen Elektronendichte wird mitunter die Umgebung in ein grünes Licht getaucht. Polarlichter erscheinen in periodischen Bewegungen, wobei die Stärke unterschiedlich ausgeprägt ist. So kann es sein, dass es ein einziges Maximum in einer Nacht gibt und Sie über mehrere Stunden hinweg auf diesen einen Tanz der Nordlichter warten müssen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Ausflug in die magische Welt der Polarlichter!

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2017

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