Erst EGON, dann Hochwinterwetter

Nachdem es gestrigen Mittwoch noch gewaltige Unsicherheiten in der Vorhersage von Sturmtief EGON und der damit in Verbindung stehenden Wettererscheinungen gab, herrscht nun relative Klarheit. EGON wird vom Ärmelkanal und Belgien her kommend in der Nacht zum Freitag den Westen Deutschlands erreichen. Bis Freitagmittag verlagert sich er sich unter Intensivierung zu einem Sturmtief etwa entlang der nördlichen Mittelgebirgsschwelle über den Berliner Raum nach Polen. Die stärksten Schneefälle werden im Bereich des Tiefkerns bzw. knapp nördlich davon erwartet. Besonders in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen kommen bis Freitagmittag teils mehr als 30 cm Neuschnee zusammen, was die Einstufung zu einem Unwetter bedeuten würde. Aber auch sonst stehen rund um EGON einige markante Wettererscheinungen an. Weiterführende Informationen stellt der DWD über verschiedene Kanäle bereit, z. B. auf www.dwd.de.

Wintersturm EGON beschert also vielen Regionen in Deutschland eine schneebedeckte Landschaft. Doch damit nicht genug! Beim Blick auf die Karten der Wettermodelle für die nächsten Tage werden die Freunde des waschechten Winterwetters mit Kälte und Schnee frohlocken. An der Westflanke eines umfangreichen Tiefdruckkomplexes, der schwerpunktmäßig von der Barentssee über das östliche Mitteleuropa bis in den zentralen Mittelmeerraum reicht, hält der Zustrom mäßig-kalter Polarluft an. Da sie über die teils knapp 10 Grad warme Nordsee muss, um nach Deutschland zu kommen, erreicht sie uns entsprechend erwärmt. Die bis zum Wochenende gebietsweise auftretenden Niederschläge fallen also nicht immer bis in die tiefsten Lagen als Schnee. Nichtsdestoweniger wird sich vielerorts eine geschlossene Schneedecke ausbilden können, wenn auch nur vorübergehend.

Die Temperaturentwicklung trägt der einfließenden erwärmten Polarluft ebenso Rechnung, indem bis zum Wochenende zumindest tagsüber noch recht verbreitet leicht positive Temperaturen erreicht werden, während die Nächte schon meist frostig ausfallen.

Zu Beginn der kommenden Woche deutet das Gros der Wettermodelle ein vom Azorenhoch vorstoßenden Hochdruckkeil Richtung südliches Nordeuropa an. Im weiteren Verlauf scheint sich dort sogar ein kräftiges, eigenständiges Hochdruckgebiet ausbilden zu können. Damit würde die von Tiefdruckeinfluss dominierte Phase mit zeitweiligen Niederschlägen in Deutschland beendet werden. Die eingeflossene Polarluft kommt zur Ruhe und kühlt sich aufgrund der immer noch sehr langen Nächte fortwährend ab. Im weiteren Verlauf wird mit einer östlichen Strömung gar sehr kalte Kontinentalluft aus Osteuropa herangeführt. Folglich stellt sich in der kommenden Woche verbreitet Dauerfrost ein, in den Nächten gibt es vor allem über Schnee mäßigen bis strengen Frost.

Die durch die Umstellung der Wetterlage forcierte Abkühlung geht allerdings auf Kosten des Niederschlags. Auf große Neuschneezuwächse sollte man dann lieber nicht mehr setzen. Als Strohhalm für Anhänger des "weißen Zeugs" fungiert die Tiefdruckaktivität im zentralen Mittelmeerraum. Je nach Schwerpunkt und Intensität der Tiefdruckentwicklung könnten Niederschläge über die Alpen hinweg zumindest bis nach Süd- und Südostdeutschland übergreifen.

Wie lange diese hochwinterliche Wetterphase anhält, ist natürlich schon alleine wegen des noch weiten Vorhersagehorizonts noch nicht abzusehen. Allerdings scheint das Hochdruckgebiet das Übergreifen atlantischer Tiefdruckausläufer längere Zeit verhindern können, womit uns Schnee und Kälte bis auf weiteres erhalten bleiben würden.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.01.2017

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