"Antizyklonale Südlage"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich durch weiträumige Luftdruckverteilungen und die daraus resultierenden Strömungsmuster, in Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten.

Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

In der ersten Hälfte dieser Woche dominiert eine "antizyklonale Südlage" (wiss. Abkürzung "Sa") das Wettergeschehen im nordatlantisch-europäischen Raum. Diese Zirkulationsform ist weitgehend meridional ausgeprägt, d.h. die Strömungsrichtung liegt größtenteils parallel zu den Längenkreisen oder "Meridianen".

Über dem Nordatlantischen Ozean entstand in der mittleren und höheren Atmosphäre ein sogenannter Trog, darunter versteht man eine äquatorwärts gerichtete Ausbeulung der Isobaren bzw. Isohypsen. Innerhalb des Troges befindet sich eine in der grönländischen Arktis entstandene, südwärts voran gekommene, hoch reichende Kaltluftmasse.


Über dem europäischen Kontinent dagegen liegt Warmluft mit hoher potentieller Energie bzw. im Meteorologenjargon ausgedrückt "mit hohem Geopotential". Die entsprechenden Isohypsen sind polwärts ausgeformt. Im Bodendruckfeld erstreckt sich die Hochdruckzone KARL von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer.

Unten finden Sie eine vom gestrigen 12:00-UTC-Lauf des Modells des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW in Reading, England) berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe der 500-hPa- sowie der 850-hPa-Hauptdruckfläche für Montag, den 12.09.2016, 12:00 UTC. Das 500-hPa-Niveau (obere Abbildung) repräsentiert die mittlere Atmosphäre, in der 850-hPa-Fläche (untere Abbildung) zeigt sich die Struktur der unteren Atmosphäre.

Als Folge dieser Druck- bzw. Geopotentialverteilung gelangt mit südlicher Strömung sehr warme Luft aus dem Mittelmeerraum und Nordafrika zu uns nach Zentraleuropa, daher bietet sich die Klassifikation der Wetterlage als "Südlage" an.

Da die Übergangszone zwischen den beiden unterschiedlichen Luftmassen, die im Geopotentialfeld durch eine starke Drängung der Isohypsen gekennzeichnet ist, über die Britischen Inseln hinweg nordwärts verläuft, also weit entfernt ist vom hochdruckbeeinflussten Mitteleuropa, weist die vorliegende Südlage einen "antizyklonalen" Charakter auf.

Die Sonne hat noch Kraft in diesen Septembertagen, da verwundert es nicht, dass in der ersten Wochenhälfte der Spätsommer noch einmal zur Hochform aufläuft und im Binnen- bzw. Tiefland verbreitet Tageshöchsttemperaturen von mehr als 30 °C erreicht werden. Wer erinnert sich noch an den Sommer 2006? Auch vor zehn Jahren folgte einem "durchwachsenen" Monat August ein hochsommerlicher September.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.09.2016

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