In der Sahara

In unseren mittleren geografischen Breiten ist das Klima advektiv geprägt, d.h. es herrschen in der Regel großräumige horizontale Luftbewegungen vor. Folglich hängt auch der Verlauf der Temperatur an einem Ort bei uns zum großen Teil vom Wärmeinhalt der herangeführten Luftmassen ab. Lediglich bei Hochdruckwetterlagen mit geringen Luftdruckgegensätzen in Mitteleuropa spielt der lokale Strahlungshaushalt, und damit die Energiebilanz vor Ort, im Tagesgang der Lufttemperatur die entscheidende Rolle.

Während sich insbesondere Meeresluftmassen, die mit Tiefausläufern zu uns gelangen, mäßigend auf das Temperaturregime auswirken, treten die Extremtemperaturen auf der Erde stets in meeresfernen, wetterberuhigten Arealen auf. Dazu zählen auch die Wüsten, die man vor allem im Bereich der subtropischen Hochdruckgürtel in geografischen Breiten um 25 Grad Nord und Süd findet. Von diesen "Wendekreiswüsten" ist die Sahara im Norden Afrikas mit einer Fläche von 9 Millionen Quadratkilometern bei weitem die größte.

Entgegen landläufigen Klischees von Dünen und Kamelen ist die Sahara größtenteils eine Stein- oder Felswüste (arabisch: Hammada) bzw. eine Kies- oder Geröllwüste (berberisch: Serir). Die bekanntere Sandwüste (arabisch: Erg) macht nur etwa 20% der Gesamtfläche aus. Wie auch immer, am Tage herrscht dort bei hoch stehender Sonne vorwiegend wolkenarmes Wetter, daher ist bei geringem Pflanzenbewuchs die am Boden empfangene (kurzwellige) Strahlung gewaltig. Auch die nächtliche (langwellige) Ausstrahlung ist bei meist klarem Himmel beträchtlich. Dennoch verbleibt insgesamt ein positiver Strahlungssaldo, dessen Betrag etwa doppelt so hoch wie in Mitteleuropa ist.

Wo bleibt nun diese Energie? Verdunstung findet in der Wüste infolge Wassermangels nicht statt. Der Boden besteht aus Sand, Kies, Geröll oder Fels - allesamt Materialien mit sehr schlechter Wärmeleitung - kann also die Energie kaum aufnehmen. Nur durch die Erhöhung der Lufttemperatur kann der Energieüberschuss abgeführt werden.

Dementsprechend sind in diesen Maitagen in der Sahara Tageshöchsttemperaturen um 45 °C keine Seltenheit, wobei es unmittelbar am Boden noch viel heißer ist. Als Beispiel sei die Station IN GUEZZAM im Süden Algeriens unmittelbar an der Grenze zu Niger (19°34' N, 05°46' E, 401 m Höhe) an der "Route Transsaharienne" (von Algier nach Lagos) genannt. Nach Frühtemperaturen von ca. 30 °C am 11. Mai erreicht das Quecksilber rasch die 40-°C-Marke, steigt dann langsamer, erreicht den Höchstwert von 46,2 °C, um bis zum Morgen erst gemächlich, nach Sonnenuntergang umso schneller abzusinken.

Ein Meteogramm der Station IN GUEZZAM vom 8. bis 11. Mai 2016, also eine Darstellung meteorologischer Größen an einem bestimmten Ort in Abhängigkeit von der Zeit, finden Sie unten. Man beachte besonders die fette rote Linie des Temperaturverlaufes. Interessant ist außerdem die dünne violette Linie darunter, die den Verlauf des Taupunktes charakterisiert. Die Luft ist so trocken, sass die Taupunkttemperatur schließlich im Bereich des Gefrierpunktes liegt. Übrigens war IN GUEZZAM am gestrigen Mittwoch mit seinen 46,2 °C der heißeste Ort der Welt. Das ist überdurchschnittlich, liegt doch die mittlere Tageshöchsttemperatur im Mai bei 41,0 °C.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.05.2016

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